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JURTECH:JURSTUDY

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Digitale Prüfung - Thesen

  1. Die staatlichen juristischen Prüfungen sind so schnell wie möglich flächendeckend und dauerhaft IT-unterstützt zu ermöglichen, idealerweise in eigens hierfür zur Verfügung stehenden PC-Halls. Für die universitären Prüfungen, insbesondere für die universitäre Schwerpunktbereichsprüfung, ist Gleiches anzustreben. Eine Kooperation zwischen staatlichen und universitären Prüfungsämtern ist wünschenswert.
  2. Für die IT-unterstützt erbrachten Aufsichtsarbeiten ist langfristig ein vollständiger elektronischer Workflow anzustreben: Meldung – Anfertigung – Korrektur – Aufgabentext – Hilfsmittel – Einsichtnahme – Verwaltung – Archivierung.
  3. Bei der Durchführung der IT-unterstützten Prüfungen sind Fairness, Chancengleichheit, Datenschutz und Informationssicherheit sowie – wegen der besonderen Relevanz der Noten der juristischen Prüfungen – Schutz vor Täuschungen jeglicher Art unbedingt zu gewährleisten.
  4. Durchführung und Ergebnisse der IT-unterstützt erbrachten Prüfungen sind zu dokumentieren und in geeigneter Weise zu evaluieren.
  5. Studienleistungen und Prüfungen können unterschiedlichen Regeln und Praktiken folgen. Die Einheitlichkeit der Prüfungsanforderungen und der Leistungsbewertung der ersten Prüfung – bestehend aus staatlicher Pflichtfachprüfung und universitärer Schwerpunktbereichsprüfung – und der zweiten juristischen Staatsprüfung ist zu gewährleisten (vgl. § 5d Abs. 1 S. 2 DRiG).
  6. Es gibt schriftliche und mündliche Prüfungen. Die schriftlichen Prüfungen finden entweder mit Aufsicht (Aufsichtsarbeiten) oder ohne Aufsicht (häusliche Arbeiten) statt. In diesem Rahmen ist die Entwicklung neuer Prüfungsformate denkbar (z.B. 48-Stunden-Hausarbeit oder Gruppenarbeit). 
  7. In der ersten Prüfung – bestehend aus staatlicher Pflichtfachprüfung und universitärer Schwerpunktbereichsprüfung – und der zweiten juristischen Staatsprüfung haben Aufsichtsarbeiten und mündliche Prüfungen präsent stattzufinden.
  8. Hard- und Software sind in den staatlichen juristischen Prüfungen von den Justizprüfungsämtern zu stellen, die auch das Ausfallrisiko tragen. Den Prüflingen ist Gelegenheit zu geben, sich vorab mit Hard- und Software vertraut zu machen.
  9. Die bei der Anfertigung der Aufsichtsarbeiten in den staatlichen Prüfungen zur Verfügung stehenden Software-Funktionen und sonstigen Hilfsmittel (Gesetzestexte, Kommentare) sind bundesweit zu vereinheitlichen. Die Software ist auf Basisfunktionen zu beschränken und bedienungseinfach zu gestalten. Jedenfalls solange die elektronische Anfertigung nicht für alle Prüflinge verpflichtend ist, scheiden Sonderfunktionen (z.B. Rechtschreibung, Gliederung) aus.
  10. Von der Frage, wie die Hilfsmittel zur Verfügung gestellt werden, zu unterscheiden ist die Frage, welche Hilfsmittel zugelassen werden. Nicht alles was technisch möglich ist, ist didaktisch sinnvoll und prüfungsrechtlich zuzulassen. Für die staatliche Pflichtfachprüfung bleibt es bis auf Weiteres bei der Zulassung bestimmter Gesetzestexte, für die zweite juristische Staatsprüfung bei der Zulassung bestimmter Gesetzestexte und Kommentare.
  11. Die Aufsichtsarbeiten in der staatlichen Pflichtfachprüfung dienen, auch wenn sie digital erstellt werden, der Feststellung von nachhaltig vorhandenem Grundwissen, Systemverständnis, Methodenkompetenz und juristischer Argumentationsfähigkeit. Sie sollen eine „Einladung zum Selberdenken“ sein. Gegenstand ist die Lösung eines juristischen Falls, was Zusatzfragen nicht ausschließt. Zu prüfen und zu bewerten sind die Fähigkeit zur Strukturierung des Sachverhaltes, zur Ausdeutung des Begehrens, zum Auffinden der einschlägigen Rechtsvorschriften und ihrer Anwendung, zu Obersatzbildung, Subsumtion und Argumentation.
  12. Die Fähigkeit zur Recherche in juristischen Datenbanken, zum Umgang mit der Datenfülle von Rechtsprechung, wissenschaftlichem Schrifttum und sonstigen Informationen aller Art, zu Vergleichen, Auswahl und Reproduktion, die eine Basiskompetenz darstellt, ist in einem eigenen Prüfungsformat zu prüfen und zu bewerten. Dies kann mit und ohne Aufsicht und in beliebiger Zeit geschehen. Zu erproben sind solche Prüfungsformate im universitären Studienbetrieb.
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Weitgehende Zustimmung... und längst überfällig!

Wir leben im Zeitalter von E-Akte, Legal Tech und KI und lassen angehende (Fach-)Jurist:innen noch das stundenlange Handschreiben trainieren? Peinlich. Und ein absurd falsches Signal an alle zukünftigen Einsteiger in juristische Berufe des 21. Jahrhunderts... Deshalb: Uneingeschränkte Zustimmung zu den Thesen 1-8, wenn These 1 auch Prüfungen im nichtrichterlichen Bereich (insb. bei Rechtspfleger:innen) einschließt! Ad 9: Die Forderung, eine Lösung "bundesweit zu vereinheitlichen" steht - realpolitisch betrachtet - im Widerspruch zu These 1 mit ihrer überaus berechtigten Forderung "so schnell wie möglich"... Es gibt leider unzählige bundesweit gestartete Softwareprojekte, die schon ein Jahrzehnt oder länger dauern. Ad 10-12: Es sollte eine Flexibilität bei einem Angebot der Hilfsmittel geben. Und hier sollte nicht nur an die naheliegende Bereitstellung von Online-Kommentaren gedacht werden. Berechnungsprogramme zu Unterhalt, Strafzeit etc. sind sinnvoll, wenn sie dazu führen, dass in Prüfungen bevorzugt juristische anstelle von rechnerischen Kompetenzen abgerufen werden.

Lehre

Ich denke es sind zwei Aspekte: - schnelle Umsetzung ohne jahrelange Testläufe, international werden wir abgehängt - Abprüfung der Kompetenzen setzt auch Ausbildung voraus. Diese findet so gut wie gar nciht statt, es ist mehr ein eigenes Trial and Error. Auch an den Universitäten, die Glücklichen bringen es sich selbst bei.

Endlich eine praxisnahe Prüfung

Ich finde in Ihren Thesen viele Punkte wieder, die ich begrüße! Zuvörderst: Wenn jeder juristische Beruf mittlerweile am PC ausgeübt wird, ist es absurd Studierende und Referendare per Hand schreiben zu lassen. Es begünstigt Schnellschreiber und zudem nimmt es auch die (praxisnahe) Möglichkeit in einem Text Ergänzungen vorzunehmen/umzustellen etc.

Digitale Prüfungen für mehr Fairness!

Ich selbst habe keine leserliche Schrift und konnte kaum etwas dagegen unternehmen. Obendrauf bin ich auch noch Linkshänder und verwische andauernd, was ich kurz vorher geschrieben hatte. Ich bin überzeugt davon, dass sich das nachteilig auf meine Leistung ausgewirkt hat. Als Korrektor weiß ich, wie man schon beim ersten Blick auf eine Bearbeitung in Krakelschrift keine Lust mehr auf die kommende halbe Stunde hat und sich den Bearbeiter vor dem inneren Auge als Chaoten vorstellt. Derselbe Inhalt in einer leserlichen Schrift, da gleitet man hingegen durch wie Butter. Eine einheitliche Schrift für alle Bearbeitungen sorgt hier für Chancengleichheit! Im Vordergrund steht dann wirklich nur noch, was zählt: der Inhalt. Und überhaupt! Warum sollte man nicht in fünf Stunden Fließtext auch einmal Sätze verschieben oder neu formulieren können dürfen, ohne gleich einen ganzen Teil der Bearbeitung über den Haufen werfen zu müssen. Im Berufsleben ist das auch nicht anders. Moderne Textbearbeitung lässt uns unsere Gedanken in bestmöglicher Form ausdrücken und so einer Bewertung aussezten.

Hilfsmittel

Stimme den Thesen teilweise zu. Eine digitale Präsenzprüfung und die schnelle Umsetzung dieser ist definitiv wünschenswert. Dennoch kann ich die Forderung nach einem fortgeführten Ausschluss anderen Hilfsmittel abseits eines Gesetzes nicht teilen. In keiner Situation verlangen wir nach dem Examen von unseren Juristen einen Fall nur mit einem Gesetz zu lösen, vielmehr gehört es zur juristischen Grundkompetenz auch mit Kommentaren etc. zu arbeiten. Es ist dabei keinesfalls notwendig in juristischen Examensprüfung zu vollwertigen Open Book Klausuren überzugehen, dennoch wäre eine Auswahl an ausgewählten Kommentaren etwa als Nachschlagewerk für Definitionen etc. wünschenswert. Dies schließt meiner Meinung nach keinesfalls die Überprüfung des Grundwissen und Problembewusstseins aus, denn wir trainieren unsere Studierenden schließlich genau darauf und werden das auch mit begrenzter Literaturunterstützung gewährleisten können. Ist kein Problembewusstsein bzw. Grundlagenwissen vorhanden, so wird man auch mit einem Kommentar keine juristische Prüfung bestehen.

Schnelle Umsetzung

Stimme den Thesen vollständig zu. Eine möglichst schnelle Umsetzung wäre wünschenswert. Hoffentlich scheitern digitale Präsenzprüfungen an den Universitäten nicht an fehlenden finanziellen Mitteln. Dann könnten zeitgleich mit den staatlichen Aufsichtsarbeiten ab 2024 auch die universitären Schwerpunktbereichsprüfungen digital stattfinden.

Teilweise Zustimmung

Den Thesen kann man weitgehend zustimmen. Entgegen der Begeisterung mancher Kolleginnen und Kollegen für open book brauchen wir aber keine Einbeziehung der Datenbanken. Das würde das Studium und die Prüfung noch weiter verwässern: Es gilt die Fähigkeit zu erhalten, mit dem schlichten Handwerkszeug (Gesetz!) Fälle zu lösen. Ich kann davor nur sehr warnen. Erst recht brauchen wir kein eigenes Prüfungsformat für die Abprüfung der Datenbankkompetenz: Wer nach vier Jahren Studium Beck-Online nicht bedienen kann, ist selbst schuld. Daher stimme ich These 12 nicht zu. Im Übrigen ist es leider auch wieder fragwürdig, wenn dies in Gestalt einer Mehrbelastung auf die Unis abgewälzt werden soll. These 2: Hier ist darauf zu achten, dass die Korrektur nicht erschwert wird. Wenn man sich erst durch zehn Dateiordner klicken muss, um umständlich einen Korrekturvermerk anzubringen, hat es keinen Sinn. Eine Papierklausur kann man leicht durchblättern und schnell handschriftlich etwas anmerken.

So ist es!

Wir bilden keine Rechercheteams aus! Es ist für einen Juristen kein Wert, möglichst schnell Informationen in Nachschlagewerken aufzuspüren. Wir sollen dogmatisch arbeiten und selbst argumentieren. Weg mit den ganzen Hilfsmitteln. Aber auch weg mit diesem Exzess an langen Sachverhalten mit hunderten Spezialproblemen. Was erst der BGH lösen konnte, muss nicht der Erstsemesterstuden lösen können. Warum nicht wieder echte Dogmatik? Da reicht auch ein Sachverhalt von fünf Sätzen, und Zack, ein ernsthaftes Problem ist da, an dem man sich selbst die Zähne ausbeißen darf.

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